Drei Menschen im Hades

 

Das Bonner Theaterensemble „déja-vu“ überzeugt mit intensiven Charakterstudien 

 

Von Oliver Steinke

 

(...) Entstanden ist das Stück während der Pandemie. Denn natürlich fragte man sich im Frühjahr 2020 auch in der Bonner Kulturszene: Was machen wir, wenn strenge Corona-Auflagen Theaterproben eigentlich verbieten? Achim Haag und sein 2013 gegründetes „ensemble déja-vu“ machten aus der Not eine Tugend: Sie verbanden drei Einakter, bei dem jemand alleine ohne Kontakt zu anderen auf der Bühne steht, zu etwas Neuem, wobei der nüchterne Titel die Struktur der Aufführung umreißt. Elemente aus „Das unerwartete Erwachen des Dr. Blume“ von Jürgen Groß, „Kein Denkmal für Gudrun Ensslin. Rede gegen die Wände der Stammheimer Zelle“ und „Der Kontrabass“ von Patrick Süskind bilden die Grundlage der Monologe. Wegen den kaum planbaren Umständen verlängerte sich die Entstehungszeit des Stückes auf über ein Jahr, was der ausgereift wirkenden und vielschichtigen Handlung aber gut getan haben dürfte.

 

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Wie unterschiedlich das Hadern dieser Menschen in Hambach dargestellt wurde, überraschte: Bei Dr. Blume ist die Ausgangslage die Blockierung seiner Gefühle, bei Gudrun Ensslin ihr kompromissloser Wille nach Konsequenz, bei dem Kontrabassisten die Angst, den festgesetzten Platz im Orchester des Lebens zu verlassen. Dabei spielten Iris Sonntag, Steffen Fischer und Andreas Görlich so intensiv, dass sie das Publikum im ausverkauften Haus vergessen ließen, in einem Theater zu sein, Bestürzung und große Anteilnahme waren spürbar. Eine gelungene Performance also, in der Achim Haag den Hades zwar als einen schrecklicher Ort des Zweifels und des Schmerzes zeigt, den man aber verlassen kann.  Damit ist „Déja vu“ ein zeitloses Stück gelungen.


Aus: Rheinpfalz, 21.03.2022